Anekdoten
Beethovens Jugend
Aus den handschriftlich erhaltenen Erinnerungen Gottfried Fischers, stammen folgende Anekdoten aus Beethovens Jugendjahren:
Die Beethoven-Kinder wurden viel sich selber überlassen. Oft wurden sie auch bei rauhem und kaltem Wetter in den Hof zum Spielen gebracht. Auf dem nassen und kalten Steinpflaster fingen sie sich dabei vielmals schlimme Erkältungen ein und waren schmutzig und ungepflegt. Cäcilia Fischer, die Tochter des Vermieters, machte darum dem kleinen Ludwig einmal enstlich Vorwürfe. Klein Beethoven meinte: “Was liegt daran! Wenn ich einmal ein Herr werde, dann wird mir das keiner mehr ansehen!”
(~1780)
Einmal stahlen Ludwig und ein paar seiner Kumpanen der Hausmeisterin Fischer heimlich Eier. Als er von Frau Fischer zur Rede gestellt wurde, antwortete er, dass wohl ein Fuchs hinter die Eier geraten sei. Darauf Frau Fischer: “Ich glaube, Du bist auch einer von den schlauen Füchsen. Was wird wohl aus dir noch werden!”
(~1780)
“Der grauperte Musikant”
Während seinen Sommeraufenthalten in der Umgebung von Wien, zog es Beethoven täglich hinaus in die Natur. An schönen Tagen oft schon vor Tagesanbruch. Bekleidet mit einem blauen Frack mit Messingknöpfen, hellen Pantalons und einem Zylinder, oder Filzhut, war er oft in der Gegend anzutreffen. Vor sich hinsummend, mit den Armen den Takt angebend, ab und zu Inspirationen in einem Notizblock festhaltend, oder auch nur sinierend unter einem Baum liegend. Den ansässigen Bauern und Winzern kam dies äusserst merkwürdig vor, so dass er bald in den Verdacht kam “seltsam” zu sein und kaum mehr anders genannt wurde als der “Grauperte Musikant”.
Einmal vergass Beethoven während eines solchen Ausfluges dermassen die Zeit, dass es bereits dämmerte. Er hatte sich verirrt. Einigen Anwohnern, denen er auffiel, brachten ihn auf die Wache, wo er auch gleich verhaftet wurde. Da er an diesem Tag einen alten, schäbigen Rock anhatte, wollte ihm niemand glauben – trotz seinen wütenden Versicherungen –, dass er Beethoven sei. “A Lump sind Sie – so sieht Beethoven nit aus.” Erst um Mitternacht konnte er vom herbeigerufenen Musikdirektor Herzog ausgewiesen werden. Beethoven konnte gehen, Herzog quartierte den Erschöpften in seinem Gästezimmer ein. Am nächsten Tag wurde er in einem Magistrats-Staatswagen zurück nach Baden gebracht – nicht ohne dass sich der Bürgermeister von Wiener Neustadt sich bei ihm viele Male entschuldigt hat.
(Sommer 1825)
Konzertberichte
Bericht über eine Akademie im Redoutensaal des 29.Oktobers. Mit der 7. Sinfonie, “Wellingtons Sieg” und der Kantate “Der glorreiche Augenblick” Op.136. “Die gestrige Veranstaltung war nicht dazu angetan, die Begeisterung für das Talent dieses Komponisten zu erhöhen, der seine Anhänger und seine Gegner hat. Der Partei seiner Bewunderer gegenüber, in deren erster Linie Razumowski, Apponyi, Kraft u. a. stehen, die Beethoven anbeten, erhebt sich eine überwältigende Mehrheit von Kennern, die es unbedingt ablehnen, weiterhin seine Werke anzuhören.”
(Polizeibericht, November 1814)
Musikernöte
Als Beethoven im Sommer in Baden eingemietet war, bekam er eines Tages Besuch von einem Grafen Montecuccoli, der sehr musikalisch war und ein virtuoser Oboenspieler gewesen sein soll. Der Graf sprach über eine Oboenpassage, die seiner Meinung nach nicht spielbar sei und von Beethoven geändert werden müsse. Barsch erwiederte er: “Sie Herr Graf, werden es nicht spielen können, aber ein tüchtiger Oboist sicher, drum rate ich Ihnen, Unterricht zu nehmen, ich habe keine Zeit, Sie länger anzuhören.” Eine Mitbewohnerin des Hauses, Frau Cramolini, die die Szene mitverfolgte hatte, machte ihm Vorwürfe wegen seiner Grobheit. Beethoven erwiederte: “War ich wirklich mit dem lästigen Schafskopf grob? Das freut mich! Dann wird er mich künftig in Ruhe lassen…”
(Sommer 1818)
Wohnungsnöte
Wohnsituationen
Karl Czerny berichtet: “…ein sehr wüst aussehendes Zimmer, überall Papier und Kleidungsstücke verstreut, einige Koffer, kahle Wände, kaum ein Stuhl, ausgenommen der wackelnde beim Walterschen Fortepiano…”
(1800)
Ein französischer Hauptmann berichtet: “…von einer wahrhaft admirablen Konfusion. Bücher und Musikalien waren in alle Ecken verstreut. Dort das Restchen eines kalten Imbisses – hier versiegelte und halbgeleerte Flaschen; dort auf dem Stehpult die flüchtige Skizze eines neuen Werkes – hier die Reste eines Déjeuners – dort auf dem Piano auf bekritzelten Blättern das Material zu einer Sinfonie – hier eine auf Erlösung harrende Korrektur – freundschaftliche Geschäftsbriefe den Boden bedeckend – zwischen den Fenstern ein Laib Strachino und erkleckliche Trümmer einer echten Veroneser Salami…”
(1807)
Und Schindler meinte: “Mit seinen Manuskripten ging es im Jahre 1823 noch gerade wie 20 Jahre früher…Alles lag unordentlich umher, und wer allenfalls nehmen wollte, konnte es ungehindert thun.”
(1807)
Bettina Brentano berichtet: “Seine Wohnung ist ganz merkwürdig: im ersten Zimmer zwei bis drei Flügel, alle ohne Beine auf dem Boden liegend, Koffer, worin seine Sachen, ein Stuhl mit drei Beinen; im zweiten Zimmer sein Bett, welches winters wie sommers aus einem Strohsack und dünner Decke besteht, ein Waschbecken auf einem Tannentisch, die Nachtkleider liegen auf dem Boden…”
(1810)
Schindler erzählt: “Gedenke ich der Erlebnisse aus dem Jahre 1819, vornehmlich der Zeit, als der Tondichter im Hafnerhause zu Mödling mit Ausarbeitung des Credo (Missa Solemnis) beschäftigt gewesen, vergegenwärtige ich mir seine geistige Aufgeregtheit, so muss ich gestehen, dass ich niemals vor und niemals nach diesem Zeitpunkte völliger Erden-Entrücktheit wieder Ähnliches an ihm wahrgenommen habe. Es sey gestattet nur eines anzuführen. Gegen Ende August kam ich in Begleitung des Musikers Johann Horzalka in des Meisters Wohnhause zu Mödling an. Es war gegen 4 Uhr Nachmittags. Gleich beim Eintritte vernahmen wir, dass am selben Morgen Beethoven beide Dienerinnen davongegangen seyen und dass es nach Mitternacht einen alle Hausbewohner störenden Auftritt gegeben, weil in Folge langen Wartens beide eingeschlafen und die zubereiteten Gerichte ungeniessbar geworden. In einem der Wohnzimmer bei verschlossener Thüre hörten wir den Meister über der Fuge zum Credo singen, heulen, stampfen. Nachdem wir dieser nahezu schauerlichen Szene lange schon zugehorcht, und uns eben entfernen wollten, öffnete sich die Thür und Beethoven stand vor uns mit verstörten Gesichtszügen, die Beängstigung einflössen konnten…
Seine ersten Äusserungen waren confuse, als fühle er sich von unserem Behorchen unangenehm überrascht. Alsbald kam er aber auf das Tagesereignis zu sprechen und äusserte mit merkbarer Fassung: “Saubere Wirtschaft, alles ist davon gelaufen und ich habe seit gestern Mittag nichts gegessen.” Ich suchte ihn zu besänftigen und half bei der Toilette. Mein Begleiter aber eilte voraus in die Restauration des Badehauses, um einiges für den ausgehungerten Meister zubereiten zu lassen.”
(August 1819)
Carl Maria von Weber berichtet: “Wir fanden ihn in einem öden, fast ärmlichen Zimmer. Grösste Unordnung, Musik, Geld, Kleidungsstücke auf dem Fussboden, auf dem unsauberen Bette Wäsche gehäuft, der offenstehende Flügel mit dickem Staube bedeckt, zerbrochenes Kaffeegeschirr auf dem Tische…Beethoven war in einem schäbigen, an Ärmeln zerrissenen Hausrock gekleidet…”
(1823)
Im Herbst 1825 bezog Beethoven eine Wohnung im “Schwarzspanierhaus”. Hier blieb er bis zu seinem Tod. Schindler erinnert sich: “Auf dem Schreibtisch waren als Briefbeschwerer zu sehen Kosaken und Ungarische Husaren, dazu einige Leuchter von verschiedenen Formen, mehrere Schellen, vom Silber- bis zum Schafglockenton, einige Statuetten, alter Griechen und Römer, davon sich nur mehr die von Brutus erhalten, den er so bewundert hat, und Schreibutensilien von neuester Erfindung…”
(1826)
Geldnöte
Um das Jahr 1800 hatte Beethoven oft finanzielle Probleme. Sein Freund Karl Amenda erlebte eine solche Misere mit: Beethoven hatte die Miete zu zahlen, jedoch fehlte im das Geld. Da gab ihm Amenda ein musikalisches Thema auf und sperrte in kurzerhand in ein Zimmer, mit der Auflage, in drei Stunden müsse er damit wenigstens begonnen haben. Als er zurückkam, traf er einen mürrischen Beethoven an, der ihm mit den Worten “”Hier ist der Wisch”, die vollständig fertigen Variationen übergab. Sie wurden später als “Freudvoll und leidvoll” berühmt. Amenda gab die Noten als Mietzins dem Hauswirt, die dieser verkaufte.
(1800)
Dienstpersonal
Grillparzer berichtet, der ihn: “…in schmutzigen Nachtkleidern auf einem zerstörten Bette liegend fand, ein Buch in der Hand. Zu Häupten des Bettes befand sich eine kleine Türe, die, wie ich später sah, zur Speisekammer führte und die Beethoven gewissermassen bewachte. Denn als in der Folge eine Magd mit Butter und Eier heraustrat, konnte er sich, mitten im eifrigen Gespräche, doch nicht enthalten, einen prüfenden Blick auf die herausgetragenen Quantitäten zu werfen, was ein trauriges Bild von den Störungen seines häuslichen Lebens gab…”
(1807)
Die Familie Giannatasio wurde unfreiwillig Zeuge eines Vorfalles. Fanny Giannatasio berichtet: “Des morgens brachte uns ein sehr prosaischer Lärm aus unserer poetischen Stimmung! Beethoven erschien auch bald mit zerkratzten Gesicht und klagte uns, dass er mit seinem Bedienten, welcher am Austreten war, einen Auftritt gehabt habe. “Sehen Sie”, sagte er, “so hat er mich zugerichtet” Er beklagte sich, dass diese Menschen, obwohl sie wüssten, dass er nicht höre, dennoch nichts täten, um sich verständlicher zu machen. Der Vorfall war folgender gewesen: Dem Diener war auf Beethovens Vorwürfe wegen eines Versäumnisses eine ungebührliche Antwort entschlüpft. Beethoven hat ihm dafür eine Maulschelle gegeben, der Diener sich dann zur Wehr gesetzt, worauf Beethoven unsanft an die Wand geschleudert worden war. Einige Nägelspuren in des Meisters Gesicht bewiesen, dass seine ungewöhnliche Kraft ihn nicht vor den Griffen des Untergebenen zu schützen vermochte…”
(1807)
Zur grossen Bestürzung Beethovens ging im allgemeinen Chaos ein Kyrie-Manuskript der Missa Solemnis verloren. Nach langem, verzweifeltem Suchen kam es in der Küche als Einwickelpapier für Butter und Käse zum Vorschein. Der armen Köchin wurde auf der Stelle gekündigt.
(1819)
Aus Beethovens Personalliste:
Am 17. April die Küchenmagd eingetreten
Am 16. Mai dem Küchenmädchen aufgesagt
Am 19. Mai die Küchenmagd ausgetreten
Am 30. Mai die Frau eingetreten
Am 1. Juli die Küchenmagd eingetreten
Am 28. Juli abends ist die Küchenmagd entflohen
Am 30. Juli ist die Frau von Unter-Döbling eingetreten
Die 4 bösen Tage, 10., 11., 12., 13., August in Lerchenfeld gegessen
Am 28. der Monat von der Frau aus
Am 6. September ist das Mädchen eingetreten
Am 22. October das Mädchen ausgetreten
Am 12. December das Küchenmädchen eingetreten
(1820)
Umzüge
Durch seine vielen Umzüge kam es zu ebenso vielen Adresswechseln. Dessen müde, teilte Beethoven seinen Briefpartnern mit, wie seine Adresse von nun an laute: “Beethoven, Wien” oder auch nur “Ludwig van Beethoven,…das genügt!”
Wien hatte damals schon 200’000 Einwohner und Beethoven zog an die 70 mal um…, arme Postboten!
(1820)
Schindler berichtet: “Da erschien eines Morgens seine schnell segelnde Fregatte, die gute, alte Haushälterin, auf meiner Stube – und brachte die Botschaft: Der Meister fühlt sich ausserstande, in Hetzendorf weiter zu arbeiten, müsse daher von dort fort; er erwarte mich des anderen Tages um 5 Uhr Morgens bei sich, damit ich ihm bei der Aufsuchung einer Wohnung in Baden behilflich sei. Als Beglaubigung kamen nachstehende Zeilen von seiner Hand mit: Samothrazeichen L-k-Macht, das Wetter ist gerade recht. Es ist aber besser früher als später, presto prestissimo, man fährt von hier.”
(1802)
Ignaz Ritter von Seyfried erzählt: “Einmal miethete Beethoven sich in die österreichische Schweiz, um den pittoresken Briel recht nach Herzenslust zu geniessen. Es wurde also ein vierspänniger Lastwagen mit wenig Mobilien zwar, dagegen aber mit einer ungeheuren Wucht von Musikalien befrachtet; die thurmhohe Maschine setzte sich langsam in Bewegung, und der Besitzer dieser Schätze spazierte seelenvergnügt, per pedes apostolorum voraus. Kaum ausserhalb der Linien, zwischen blühenden, vom sanften Zephyr wellenförmig bewegt sich schaukelnden Kornfeldern, unter dem Jubelsang schwirrender Lerchen, die trillernd mit Wonnegenuss des lieblichen Lenzes ersehnte Ankunft feyerten, erwachte schon der Geist; Ideen durchkreutzten sich, wurden ausgesponnen, geordnet, mit der Bleyfeder notiert – und rein vergessen war nunmehr auch der Wanderung Zweck und Ziel. Die Götter wissen, wo sich unser Meister in der ganzen, langen Zwischenzeit herumgetrieben haben mag; genug, er langte erst mit einbrechender Dämmerung schweisstriefend, staubbedeckt, hungrig, durstig, todmüde in seinem Domizil an. Aber hilf Himmel! Welch’ grässliches Spektakel wartete dort seiner. Der Fuhrmann hatte eine Schneckenfahrt vollendet, den Patron aber, dem er sich verdungen und welcher ihn auch bereits bezahlt, zwei Stunden vergebens erwartet. Unbekannt mit dessen Nahmen konnte auch keine Nachfrage stattfinden. Der Rossebändiger wollte wenigstens zu Hause schlafen – er machte aber kurzen Prozess, lud den gesamten Transport frey auf dem Marktplatz ab und retournierte ungesäumt. Beethoven ärgerte sich vorerst tüchtig, dann brach er in schallendes Gelächter aus, dingte nach kurzer Überlegung ein halbes Dutzend gaffender Strassenjungen und hatte vollauf zu tun, um bis zum die Mitternachtsstunde verkündenden Nachtwächterrufe glücklicherweise bey Lunas Silberschein die Kinder seiner Phantasie noch unter Dach und Fach zu bringen…”
(1818)
Schwieriger Mieter
Beethoven wohnte erst eine gute Woche an der Probusgasse 6 in Wien, als sich der unter ihm wohnende Mieter bei ihm beschwerte. An seiner Decke seien grosse feuchte Flecken. Das Problem war schnell erkannt: Nach stundenlangem Komponieren pflegte er seinen erhitzten Körper mit einem Zuber Wasser abzukühlen, und das mit so reichlichen Sturzbächen, dass sich grosse Lachen in seinem Zimmer bildeten, die dann durch den Fussboden nach unten rannen. Es scheint, Beethoven habe diese Erfrischung nach intensiver Arbeit dringend benötigt – jedenfalls mochte er auch später nicht darauf verzichten, was dem Hausfrieden wenig dienlich war.
(1802)
Im Pasqualatihaus wohnend störte Beethoven eine freistehende Wand, die seine Aussicht beeinträchtigte. Kurzerhand bestellte er einen Maurer, um in diese einen Durchbruch zu machen und ein Fenster einzusetzen. Er wollte auf die Aussicht über den Prater nicht verzichten. Doch der Freiherr griff ein und Beethoven musste den Maurer entlassen. Wutentbrannt kündigte er sofort die Wohnung – um wenig später wieder anzufragen, ob er wieder einziehen dürfe, was Pasqualati freudig begrüsste. Ähnliches wiederholte sich über die Jahre noch mehrere Male und Beethoven fand immer wieder freundliche Aufnahme. Schliesslich gab der Baron die Anweisung an seinen Hausmeister: “Das Logis wird nicht vermietet; Beethoven kommt schon wieder.”
(1804)
Im Sommer 1808 wohnte er in Heiligenstadt in einem Haus, in welchem auch der 17jährige Franz Grillparzer mit seinen Eltern eingemietet war. Beethoven hasste es, wenn man ihm beim Fantasieren am Klavier zuhörte. Eines Tages ertappte er Frau Grillparzer, wie sie durch eine geöffnete Tür seinem Spiel lauschte. Hals über Kopf verliess er darauf erzürnt das Haus und trotz aller Entschuldigungen und Bitten berührte er das Klavier von diesem Tag an nicht mehr.
(1808)
Geräuschvolles Benehmen
Andere Klagen und Differenzen ergaben sich, weil Beethoven keine festen Arbeitszeiten kannte. Wann immer er auch eine Eingebung hatte, setzte er sich ans Klavier und begann zu spielen. Das konnte über Stunden so gehen, wobei es Beethoven gleich war, ob es nun Mitternacht, oder früher Morgen war. Natürlich beklagten sich die Mitbewohner, doch obwohl er Besserung gelobte, war er wohl ausserstande dies einzuhalten.
Dass solcherarten Bemühungen nicht gross fruchteten, zeigt eine Geschichte Jahre später, wo ihm bereits nach drei Wochen “wegen geräuschvollen Benehmens” die Wohnung gekündet wurde.
(1824)
Kulinarisches
Zum Frühstück bereitete er sich in einer Glasmaschine Kaffee. Dazu zählte er die Bohnen einzeln ab – es mussten genau 60 sein. Auch in Anwesenheit von Gästen liess er sich nicht davon abhalten.
Eines seiner Leibgerichte waren Makkaroni mit Parmesankäse. Aber nur, wenn sie gelungen waren. Oft verkochten die Nudeln, weil er über seinen Inspirationen die Zeit vergass und nicht am Tisch erschien.
Beethoven kam urplötzlich der Gedanke, selber zu kochen. Aus Misstrauen gegen seine Bedienstete, aber auch um Geld zu sparen. Seine Freunde machten sich deshalb um seine Ernährung Sorgen, worauf er sie kurzerhand zum Essen einlud. Sie fanden ihren Gastgeber noch mit einem Nachtjäckchen bekleidet vor. Die Schlafmütze noch auf dem Haar, in eine grosse blaue Küchenschürze gehüllt, am Herd. Das Menü bestand aus Suppe, Rindfleisch und Gemüse, Ochsenbraten und Obst. Aber die Speisen waren missraten! Die Suppe viel zu dünn, das Gemüse schwamm in Fett und Wasser, ohne gar zu sein. Und der Braten schien im Schornstein geräuchert, so scharz war seine Kruste. Hunger entwickelte allein der Gastgeber – die Gäste hielten sich lieber an Obst und Gemüse. Noch lange später nannte er sich selber wegen dieses Anlasses “Mehlschöberl”.
(1806)
Am Fasttag ass Beethoven meist eine Brotsuppe. Es mussten ihm dazu zehn frische Eier auf einem Teller serviert werden, die er sorgfältig auf ihren Geruch prüfte, gegen das Licht hielt und erst, wenn er sie für gut befunden hat, aufschlug und in die Suppe rührte. Wenn sie nicht seinen Erwartungen entsprachen, konnte es vorkommen, dass die Eier an die Wand, oder aus dem Fenster flogen. Einmal traf er sogar eine Angestellte am Rücken, so dass diese erschrocken Deckung suchen musste.
(1806)
Beethoven mochte es überhaupt nicht, wenn er zu Tische bei Gesprächen mit seinen Gästen gestört wurde. Der Londoner Harfenfabrikant J. A. Stumpff hat folgendes überliefert: “…der Wein der gut und rein war, erweckte die Lebensgeister bei meinem Wirt, der immer die beiden Gläser so recht behaglich füllte und leerte und seinem Gast immer das erste zuschob, und da er ununterbrochen fort sprach, so kamen witzige und drollige Einfälle ans Licht, worüber er oft selber laut auflachte und ich mit klatschenden Händen dieselben bejubelte. – In einem solchen Erguss schlich sich seine mürrische Haushälterin zur Tür herein und setzte eine Schüssel mit Nudeln auf den Tisch, glaubend, sie würde nicht bemerkt werden, als Beethoven plötzlich laut aufschreiend zu ihr sagte: “Du widerspenstiges Weib, wer hat dir geheissen, das Verbotene zu tun?” Er schob ihr die Schüssel mit den rauchenden Nudeln entgegen, die sie mit der Schürze auffing – die Alte, die ihren Herrn kannte, entfernte sich so geschwind wie möglich, und laut aufbrummend verschwand sie…”
(1806)
Menü-Bestellung im Konversationsbuch: “Zu Mittag: Saftsuppe, Fleisch mit Sauce, Blaukohl mit Kastanien, Wilde Ente. Wenn die Haushälterin aber keine Wildente bekommt, dann ein anderes Wildbret, Haselhuhn, Duckente, Wasser-Rohrhendl.” Und da die Haushälterin Bedenken anmeldete, hatte Beethoven eine Alternative parat: ” Fritatten, Nudelsuppe, Fleisch mit Sauce, Spinat mit Karbonaden, kalten Kalbsbraten. Und als Nachspeise: eine verdeckte Speise.”
(1824)